Hennes Bender

Hennes Bender
Foto: Marvin Ruppert

Hennes Bender hat sich freundlicherweise am 21.08.2022 zu seinen Berührungspunkten mit dem Thema Behinderung wie folgt geäußert:

• Haben Sie bei Ihrer Arbeit oder auch im Privatleben persönlich Erfahrung mit Behinderung oder behinderten Menschen gemacht? Hat dies Ihre innere Haltung zu diesem Thema beeinflusst?

Wenn man unterwegs ist, trifft man dauernd Menschen mit Behinderung, egal ob vor oder hinter den Kulissen. Das sind Begegnungen, die man nicht vergisst. In Duisburg hatte ich während einer Lesung mal zwei Damen in der ersten Reihe sitzen, die immer dazwischen redeten. Irgendwann sagte ich: „Hört doch auf zu sabbeln da vorne. Seht Ihr nicht dass ich hier lese?“. Die Antwort war: „Nein, sehen wir nicht. Wir sind blind!“.

Darauf erwiderte ich ohne nachzudenken: „Ja, aber leider nicht stumm!“. Der Rest des Publikums war geschockt und wir drei hatten den Rest des Abends einen Riesenspass miteinander. Wir im Ruhrgebiet sind halt sehr direkt und ich möchte dies auch durch meine Bühnensprache und meine Haltung widerspiegeln.

• Gibt es für Sie eine Geschichte oder Anekdote – lustig, nachdenklich stimmend oder auch tragisch – die Sie uns in diesem Zusammenhang mitteilen möchten?

Die Geschichte mit den beiden Blinden war ja nur eins von vielen „Döneken“, wie wir im Ruhrgebiet sagen. In Koblenz sagte mal ein Rollstuhlfahrer nach einem Auftritt zu mir: „Du bist ja echt klein!“. Worauf ich zu ihm runtersah und sagte: „Sagt WER?“. Hinten auf seinem Rollstuhl war ein Aufkleber auf dem stand: „Wenn Du findest, dass ich scheisse fahre, hast Du mich noch nicht laufen gesehen!“ Zusammen lachen ist viel wichtiger als übereinander lachen. Nur so überwindet man mentale und emotionale Barrieren.

• Vertreten Sie, eventuell durch eigene Erfahrungen ausgelöst, bestimmte Ansichten zum Umgang mit dem Thema ‚Behinderung’ in der Öffentlichkeit, zur Sozialpolitik, zur Rolle der Medizin oder des Gesundheitswesens?

Ich behandele Behinderte nicht besser oder schlechter als Nicht-Behinderte. Ich nehme jeden Menschen Ernst, aber nur wenn er kein Arschloch ist. Und da soll es unter Behinderten ja auch welche geben. Dass Behinderte im Alltag mehr Hürden überwinden müssen, sollte jedem klar sein. Und es gibt immer „Mehr“ was man tun kann.

Ich finde es wichtig, dass man nicht nur die Politik und die Verwaltungen in die Rechenschaft zieht, sondern dass man selbst bei sich anfängt und Menschen unterstützt, die aus dem „Alltags-Raster“ fallen. Das fängt beim „Sitzplatz im Bus freimachen“ an. Wenn ich mich nicht empathisch verhalte, kann ich auch nicht erwarten, dass andere das von selbst tun. Ich bin meine eigene Vorbildfunktion.

• Setzen Sie sich für soziale Projekte ein, vielleicht sogar im Bereich Behindertenförderung? Haben Sie konkrete Vorstellungen, wo besonderer Handlungsbedarf besteht und worin Lösungsmöglichkeiten bestehen könnten?

Ich mache mich eher für den Tierschutz stark, unterstütze aber auch andere sogenannte Charityprojekte, die ich hier nicht alle nennen möchte, alleine das Erwähnen ist ja schon fast zu viel Selbstbeweihräucherung. Aber Tiere haben nun mal nicht die Möglichkeit für Ihre eigenen recht Ihre Stimme zu erheben.

Ich habe mal einen Hund getroffen, dem beide Vorderläufe abgefahren wurden, oder der jetzt auf den beiden verblieben hinteren Beinen durch die Gegend wackelte. Das hat mich einerseits zu Tränen gerührt, andererseits fand ich das toll mit wie viel Würde und Selbstverständnis dieser kleine Kerl sein Leben meisterte. Ohne zu jammern.

• Können Sie sich in die Lage Betroffener hineinversetzen? Würden Sie, wären Sie selbst betroffen, trotz der körperlichen Einschränkungen versuchen, im Rahmen des Möglichen Ihre bisherige (künstlerische) Arbeit fortzusetzen?

Ich kenne Kollegen, die im Rollstuhl sitzen oder blind sind. Für meinen Beruf wäre es schlimmer wenn ich meine Stimme verlieren würde. Ich selbst habe eine leichte Gehbehinderung durch einen Unfall in der Skifreizeit meiner Schule aus dem Jahr 1984. Damals hat es mir das Kreuzband im linken Knie zerrissen und mein Meniskus musste entnommen werden. Das war Mitte der achtziger Jahre eine ziemlich große OP und ist nie so richtig verheilt.

Dieser Umstand führte unter anderem dazu, dass ich vom Kreiswehrersatzamt Bochum 1987 für untauglich erklärt wurde und ich deshalb nicht zur Bundeswehr durfte, worüber ich sehr traurig war, wie man sich vorstellen kann (Diesen Satz bitte mit einem ironischen Unterton lesen). Im Alltag merke ich das Knie wenn ich mich bücke oder hinknie. Und natürlich beim Fahrradfahren. Diese Einschränkung ist natürlich minimal und „ein Witz“ wenn man bedenkt, dass andere Menschen ganz andere Probleme haben. Ich bin dankbar, dass ich mit dieser leichten Einschränkung Glück gehabt habe und habe großen Respekt vor allen, die mit Behinderungen leben und damit klarkommen müssen.

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