Markus Knüfken

Markus Knüfken am Strand mit FahrradMarkus Knüfken, Schauspieler, hat sich freundlicherweise am 27.09.2022 zu seinen Berührungspunkten mit dem Thema Behinderung wie folgt geäußert:

Ich bin leider keiner dieser eloquenten Kulturschaffenden, der dir hier eine 1A Abhandlung über das deutsche Sozial- und Gesundheitssystem wiedergeben kann. Das einzige was ich vermag, ist dir ein einen kleinen, unvollständigen und persönlichen Einblick über meine Berührungspunkte mit Menschen die ein Handicap haben, zu geben.

Wie so häufig, stellt man bei deiner Frage fest, dass man selbst ein Leben führt in dem das Thema Behinderung keine wirklich große Rolle spielt. Ich habe weder in meinem engsten Freundeskreis oder in meiner Familie regelmäßigen Kontakt zu Menschen die direkt von einer Behinderung betroffen sind.

Allerdings lebe ich natürlich in einer Großstadt wie Hamburg und begegne deshalb tagtäglich Menschen die z.B. Blind, Taubstumm oder eine Querschnittslähmung haben. Ich ertappe mich in diesen Momenten oft dabei, das ich diesen Menschen zwar mit großen Respekt begegne aber auch immer eine Form von Mitleid verspüre, welches dort nichts zu suchen haben sollte.

Wie viele andere nichtbehinderte Menschen denke ich dann darüber nach, dass ich in meinem Leben eigentlich keine „wirklichen“ Probleme habe, wenn es doch viele Menschen gibt, welche mit einer tatsächlichen Einschränkung ihrer Möglichkeiten behaftet sind. Ich weiß das dies die „falsche“ Form der Empathie ist.

Zwar haben die 16 Monate in der Ambulanten Altenpflege als Zivildienstleistender in München, in den 80er Jahren bestimmt geholfen einen anderen Blickwinkel auf Menschen mit Handicap zu entwickeln aber wenn man danach ca. 40 Jahre ohne engen Kontakt mit betroffenen Mitbürgern verbringt, dann wäre es schon sehr vermessen zu behaupten, das man sich wirklich mit dem Thema Behindertenförderung auseinander gesetzt hat.

Aus meiner Erfahrung als Fahrradfahrer, der seit sieben Jahren kein Auto mehr besitzt und dadurch auch weite Strecken häufig im Nahverkehr verbringt, kann ich nur davon berichten, dass ich natürlich versuche mich so hilfsbereit zu verhalten, wie es mir möglich ist. Wenn das bedeutet, die Ladeklappe im Niederflurbus  zu öffnen, damit jemand z.B. mit seinem Rollstuhl ein- oder Aussteigen kann. Das sehe ich tatsächlich als eine Selbstverständlichkeit im Umgang mit meinen Mitmenschen an. Ob ich nun darauf achte das ein kleines Kind nicht auf die Strasse rennt, das man einer ältere Dame die Einkaufstüten zu ihrer Wohnung die Treppenstufen raufträgt oder eben einer behinderten Person dabei hilft den Rollstuhl über ein unüberwindbares Hindernis zu bugsieren.

Vor ein paar Tagen hatte ich auch eine sehr interessante und schöne Begegnung, mit einem neun-jährigen Jungen, der seit seinem zweiten Lebensjahr auf Grund einer Tumorerkrankung blind ist. Ich habe mir von ihm etwas über das System der Blindenschrift erklären und zeigen lassen. Er besucht seit ein paar Monaten eine Blindenschule in Hamburg und war sehr stolz mir seinen Ordner zu zeigen, in dem er seine erstellten Blätter aufbewahrt. Diese Begegung hat mir wieder einmal Nahe gebracht, das es im zwischenmenschlichen immer um echtes Interesse für die Lebenssituation des anderen geht. Nicht mehr aber auch nicht weniger und das Mitleid dort nichts zu suchen hat sondern nur Bewunderung, Respekt und Neugierde.

Ganz abgesehen davon wäre es vermessen zu behaupten ich könne mich in die Lage eines Menschen mit Behinderung hineinversetzten. Als sehr sportliches Individuum ist mir meine körperliche Unversehrtheit natürlich sehr wichtig und ich definiere meine Lebensqualität vor allem auch darüber, dass ich mich mit meinem Rucksack oder Fahrrad auf eine Tour in die Natur begeben kann, wann immer mir der Sinn danach steht. Allerdings weiß ich auch, auf Grund eines wirklich hörenswerten Podcast (WeltWach), das es viele Menschen mit Handicap gibt, die sich nicht davon abbringen lassen die höchsten Berge oder entferntesten Länder mit ihrem Rollstuhl, der Bein-Prothese oder ihrem Blindenstock zu bewältigen.

Ich denke das zeigt, das auch hier wieder Respekt, Neugier und Hilfsbereitschaft die Grundpfeiler eine wirklich funktionierenden Zivilgesellschaft sind. Den anderen Menschen auf Augenhöhe begegnen, sich weder überlegen noch unterlegen fühlen und immer bereit sein, seinen eingeschränkten Erfahrungshorizont zu erweitern.

Ich wünsche ihnen alles Gute und verbleibe mit Respekt für ihr Engagement!

Liebe Grüße Markus Knüfken

PS.
Ich war dieses Jahr als Umwelt-Aktivist für den eingetragenen Verein „One Earth One Ocean“, für drei Monate als Plastikmüll- und Spendengeldsammler unterwegs. Alles wissenswerte dazu können sie auf der Projektwebseite: https://big-biking-cleanup.com erfahren.

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